Studie zeigt Wege zum Erreichen der Klimaschutzziele auf
14. Februar 2020
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat im Rahmen einer Studie Entwicklungspfade für das Energiesystem untersucht, die eine CO2-Reduktion zwischen 95 und 100 Prozent bis 2050 ermöglichen.
Die gute Nachricht ist, dass dieses Ziel auf Erneuerbaren-Basis erreichbar ist, heißt es dazu vom Fraunhofer ISE. Als eine wichtige Voraussetzung dafür erweise sich eine grundlegende Veränderung des gesellschaftlichen Verhaltens. Denn der Aufwand und die Kosten um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, hängen maßgeblich von den Rahmenbedingungen ab, die von Verhalten und Einstellungen der Gesellschaft geprägt werden.
Vier Hauptszenarien
Die Studienautoren haben in der Studie "Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem" vier Hauptszenarien skizziert, die den Verlauf der Energiewende im Kontext von verschiedenen gesellschaftlichen Verhaltensweisen darstellen. Das erste Hauptszenario heißt in der Studie Beharrung und geht von starken Widerständen gegen den Einsatz neuer Techniken im Privatbereich aus. Das zweite Szenario Inakzeptanz geht von einem starken Widerstand gegen den Ausbau großer Infrastrukturen aus. Im Szenario Suffizienz sorgen gesellschaftliche Verhaltensänderungen für eine deutliche Senkung des Energieverbrauchs. Diese Annahmen haben die Forscher mit dem Szenario Referenz, bei dem die Zielerreichung weder gefördert noch erschwert wird, gegenübergestellt.
Für die Simulation und Optimierung dieser Szenarien hat das Fraunhofer ISE das Energiesystemmodell Remod (Regenerative Energien Model) eingesetzt. "Die stundenscharfe Betrachtung für die nächsten 30 Jahre zeigt, dass trotz eines sehr hohen Anteils fluktuierender erneuerbarer Energien für die Strombereitstellung in jeder Stunde und in allen Verbrauchssektoren eine sichere Versorgung erreicht werden kann", resümierte Hans-Martin Henning, Institutsleiter des Fraunhofer ISE und einer der Autoren der Studie. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass der auf Erneuerbaren-Basis hergestellte Strom zur wichtigsten Primärenergiequelle wird. Aufgrund der Sektorenkopplung rechnen die Studienautoren zudem mit einem stark steigenden Strombedarf. Die Berechnungen reichen vom 2- bis 2,5-fachen des aktuellen Wertes.
Bei einem sparsameren Umgang mit Energie (Szenario Suffizienz) sei die notwendige Anzahl an Anlagen zur Wandlung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Energie substanziell niedriger als bei der weiteren Nutzung von Verbrennungstechniken für Wärmeversorgung und Mobilität (Szenario Beharrung). Das Szenario Beharrung würde deswegen zu deutlich höheren Ausbauraten für die Erneuerbaren führen sowie zu den größeren Importmengen synthetischer chemischer Energieträger. Dies verteuert zugleich den Umbau des Energiesystems erheblich. Der Widerstand gegen Windenergieanlagen und Netzausbau im Szenario Inakzeptanz lässt sich laut Studie teilweise durch einen modifizierten Ausbaupfad mit einem stärkeren Zuwachs an Fotovoltaikanlagen und einer größeren Kapazität an Batteriespeichern kompensieren.
"Beharrung" kostet die Gesellschaft mehr
Unter dem Strich ergeben sich bei den jeweiligen Szenarien große Unterschiede bei den Kosten zum Erreichen der Klimaziele von 2050. So würden in den nächsten dreißig Jahre im Vergleich mit einem Business-as-usual-Szenario die erforderlichen Mehrkosten zwischen 440 Mrd. Euro für das Szenario Suffizienz und 2.330 Mrd. Euro für das Szenario Beharrung liegen. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands 2019 entspricht dies Werten von 0,4 Prozent (Szenario Suffizienz) über rund 1,5 Prozent (Szenarien Referenz und Inakzeptanz) bis hin zu rund 2 Prozent (Szenario Beharrung). Der Großteil der Mehraufwendungen (je nach Szenario zwischen 63 und 75 Prozent) fällt dabei für Investitionen an, sodass nach Abschluss des Systemumbaus im Jahr 2050 diese Kosten erheblich sinken.
Quelle: energate