ok-power-Newsletter Dezember 2020
Liebe Leserinnen und Leser,
selten fiel ein Jahresrückblick so schwer – fehlt doch einfach das passende Wort, um dieses in jeder Hinsicht außergewöhnliche Jahr zu beschreiben. 2020 hat uns wohl alle vor nie geglaubte Herausforderungen gestellt und jeder findet ganz individuelle Wege, um sie zu bewältigen.
Viel lieber als zurück blicken wir ohnehin nach vorn. Das liegt in unserer Natur als Ökostrom-Gütesiegel, das Innovationen als Motor der Energiewende in den Fokus rückt. So freuen wir uns auch im kommenden Jahr auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit den ok-power-zertifizierten Stromanbietern. Hier gab es 2020 wieder einige Neuzugänge – unter anderem die Stadtwerke Greifswald, die wir in diesem Newsletter begrüßen.
2021 haben wir mit „20 Jahre ok-power-Zertifizierung“ zudem einen schönen Anlass zum Feiern. Dieses Jubiläum steht für eine Erfolgsstory in Sachen Energiewende, Ausbau der Erneuerbaren und Transparenz auf dem Ökostrommarkt. In unserer eigenen bewegten Geschichte spiegeln sich auch die Entwicklungen der Ökostrombranche in den letzten zwei Jahrzehnten wider. Es war und bleibt spannend!
Doch nun wünscht das Team von ok-power Ihnen erst einmal eine schöne Weihnachtszeit und frohe Festtage. Kommen Sie gut in ein glückliches und vor allem gesundes neues Jahr!
Die Themen dieser Ausgabe:
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„Harte Zusätzlichkeit“: stärkerer Einfluss für Ökostromverbraucher
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Mehr als 50 % Windstrom: Greenpeace Energy setzt auf PPAs
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Stromnetz der Zukunft: Stadtwerk am See forscht zu künstlicher Intelligenz
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Neu im ok-power-Netzwerk: Stadtwerke Greifswald
Ihre Ansprechpartnerin bei Fragen und Anregungen zum Newsletter:
Philippa Kreis
kreis@ok-power.de
Tel. 040 39 10 69 89 56
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Stärkerer Einfluss für Ökostromverbraucher
Diskussionspapier stellt „harte Zusätzlichkeit“ als möglichen Lösungsweg vor
Wie kann europäischen Stromverbrauchern die Möglichkeit gegeben werden, mit ihrer Entscheidung für Ökostrom eine noch stärkere Wirkung für zusätzliche Mengen an erneuerbarer Stromproduktion auszulösen? Ein Expertenteam vom Öko-Institut e. V. hat dies für EnergieVision e. V., den Trägerverein des ok-power-Siegels, untersucht und die Ergebnisse zu einem Diskussionspapier ausgearbeitet. Im Zentrum steht dabei der Ansatz der „harten Zusätzlichkeit“.
Aktuelle Entwicklungen im dynamischen europäischen Strommarkt wie der EU-Finanzierungsmechanismus für Erneuerbare oder Green PPA für neue und nicht geförderte Anlagen bringen Chancen, aber auch Fragestellungen mit sich. Zum Beispiel, auf welche Erneuerbaren-Ausbauziele bestimmte Strommengen eigentlich angerechnet werden sollen, wenn der Ausbau der Erneuerbaren von einzelnen Bürgern und Verbrauchern bezahlt wird – und nicht vom Staat, in welchem die Anlage errichtet wird?
Zugleich eröffnen sich für Verbraucher neue Möglichkeiten, mit ihrer Entscheidung für Ökostrom eine noch stärkere Wirkung für zusätzliche Mengen an erneuerbarer Stromproduktion auszulösen.
Harte Zusätzlichkeit als Impuls für mehr Einflussmöglichkeiten der Verbraucher
Im bisherigen regulatorischen Rahmen können hochwertige Ökostromprodukte im besten Fall einen zusätzlichen Beitrag zum Erreichen der politisch definierten Ausbauziele leisten. Wenn Marktakteure aber sicherstellen könnten, dass der von ihnen verursachte Ausbau der Erneuerbaren nicht auf diese Ziele angerechnet wird, dann würden andere Marktakteure und politische Entscheidungsträger nicht aus ihrer Verantwortung zur Zielerreichung entlassen werden. Im Ergebnis wäre ein in jeglicher Hinsicht zusätzlicher Energiewendenutzen erreicht.
Wie sich dieses Plus an Einflussmöglichkeit der Ökostromverbraucher konkret in der Praxis umsetzen ließe, hat das Öko-Institut für den EnergieVision e.V., der sich als gemeinnütziger Verein für Verbraucherschutz und Marktransparenz in der Energiewirtschaft einsetzt, untersucht. In ihrem Diskussionspapier schlagen die Experten den Ansatz einer „harten Zusätzlichkeit“ vor.
„Für diese ,harte Zusätzlichkeit‘ kommt ausschließlich erneuerbare Energieproduktion in Frage, die aus neuen und nicht geförderten Anlagen stammt und somit als zusätzlich zu den öffentlichen Anstrengungen betrachtet werden kann“, erklärt Dominik Seebach, der die Untersuchung auf Seiten des Öko-Instituts leitete. Um den Ansatz zu realisieren, seien regulatorische und technische Anpassungen erforderlich:
- Den staatlichen Anteil stark reduzieren: Der so erzeugte Strom sollte nicht vollständig auf die bestehenden politischen Ziele für erneuerbare Energien auf EU und nationaler Ebene angerechnet werden, sondern nur mit einem Basisanteil von 20 %. Die verbleibenden 80 % dieser Stromerzeugung können dann aus Sicht der Verbraucher als wirklich zusätzlich betrachtet werden.
- Das bestehende HKN-System um zwei Markierungen erweitern: Die Überwachung und statistische Zuordnung der „harten Zusätzlichkeit“ durch öffentliche Stellen könnte auf der Grundlage des Systems für Herkunftsnachweise (HKN) erfolgen. Hier ließen sich zwei Markierungen, sogenannte Earmarks, ergänzen.
Ökostromlabel können im Hinblick auf Transparenz und Sichtbarkeit für den Verbraucher eine wichtige unterstützende Rolle einnehmen. Sie müssten hierfür ihre bestehenden Kriterien zur Zusätzlichkeit gezielt so weiterentwickeln, dass auf freiwilligen Ökostrom-Märkten künftig eine Nachfrage nach erneuerbaren Energien mit „harter Zusätzlichkeit“ entsteht.
Klare Forderung an die Politik
Welche Anforderungen an politische Entscheidungen leiten sich daraus ab? „Zusätzlich bedeutet in diesem Ansatz ganz klar und sichtbar zusätzlich zu den politischen Zielen“, betont Dominik Seebach. „Dies zu ermöglichen, erfordert Akzeptanz und ein aktives Mitgestalten seitens des Gesetzgebers – auf Länder- wie auch auf EU-Ebene. Dementsprechend darf die EU – und die Bundesregierung gleichermaßen – ihre Zielstellungen nicht reduzieren, zugleich muss sie die statistischen Anrechnungsmechanismen umsetzen.“
Das Diskussionspapier steht hier zum Download bereit.
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Mehr als 50 Prozent Windstrom
Greenpeace Energy setzt auf Langfrist-Lieferverträge mit Windparks
Der ok-power-zertifizierte Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy wird dank zahlreicher direkter Lieferverträge mit Windparks seine Kundinnen und Kunden 2021 mit einem hohen Windstrom-Anteil von geschätzt etwa 53 Prozent im Strom-Mix versorgen. Insgesamt wird die Energiegenossenschaft im kommenden Jahr laut eigener Prognose 260 Gigawattstunden (GWh) Windstrom beschaffen. Rund 100 GWh davon kommen aus deutschen Windparks, die keine EEG-Förderung mehr erhalten. „Wir leisten so einen doppelten Beitrag zum Klimaschutz, indem wir besonders viel wertvollen Windstrom anbieten und gleichzeitig ältere Windparks vor der Abschaltung bewahren“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.
Herkunft kraftwerksgenau nachvollziehbar
Windpark-Betreiber verkaufen ihren Strom über so genannte „Power Purchase Agreements“ (PPA) an Greenpeace Energy. Sie erhalten einen vertraglich vereinbarten Festpreis, durch den sie ihre Anlagen unabhängig von den Entwicklungen an der Strombörse wirtschaftlich weiterbetreiben können. Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher: Die beschafften Strommengen sind – anders als bei EEG-Strom – nachprüfbar als Ökostrom gekennzeichnet, ihre Herkunft lässt sich kraftwerksgenau bestimmen.
100 GWh aus heimischen Anlagen
Für die Beschaffung der 100 GWh rein aus heimischen Windkraftanlagen hat Greenpeace Energy allein bei der Enercon-Tochter QUADRA Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 80 Megawatt für eine Laufzeit von drei Jahren unter Vertrag genommen. Daneben liefern mehrere kleinere Windparks und Solaranlagen Ökostrom per PPA an Greenpeace Energy. Weitere langfristige Abnahmeverträge sind in Planung, so dass sich der Windstromanteil bei der Energiegenossenschaft sogar noch über die bisherigen Prognosen hinaus erhöhen könnte.
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Das Stromnetz der Zukunft
Stadtwerk am See forscht zu künstlicher Intelligenz
Die Energiewende stellt das Stromnetz vor neue Herausforderungen: Solar- und Windenergie speisen Strom dezentral und unregelmäßig ein, während der Energiebedarf – nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Elektromobilität – gerade in Städten steigt. „Wir simulieren hier in Friedrichshafen das Netz der Zukunft“, erklärt Jan Etzel, Leiter Stromnetzbetrieb beim Stadtwerk am See. Um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Steuerung der Netze zu erforschen, haben sich das ok-power-zertifizierte Stadtwerk am See, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz, das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, das International Solar Energy Research Center Konstanz und ein weiterer Energieversorger zusammengeschlossen.
Das Leuchtturmprojekt „KI-basierte Planung und Betriebsführung von Verteilnetzen und Microgrids zur optimalen Integration regenerativer Erzeuger und fluktuierender Lasten im Rahmen der Energiewende (AI4Grids)" wird vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit 2,5 Millionen Euro gefördert.
Intelligenter Regler für die Netze
„Ziel des Projekts ist es, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz eine intelligente Netzbetriebsführung zu ermöglichen. So können die – für die Energiewende benötigten – Erzeuger und Verbraucher effizient in das Mittel- und Niederspannungsnetz integriert werden“, erklärt Etzel.
Die Künstliche Intelligenz soll wie ein Regler für die Netze funktionieren, der abhängig vom Zustand des Netzes Verbraucher und Erzeuger steuert und somit das Netz stabil hält. Die KI soll für diese Aufgabe hervorragend geeignet sein, da sie mit den aktuellen Netzdaten „gefüttert“ wird und jeden Tag weiter dazulernt. „Sie ist in der Lage, diese Datenflut zu bearbeiten und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Natürlich alles unter der Prämisse, dass die Kunden ausreichend mit elektrischer Energie versorgt werden“, so Etzel. Die Netze sollen so in Zukunft noch effektiver ausgelastet werden und unnötiger Netzausbau verhindert werden.