Höherer CO2-Preis kommt ohne Doppelbelastung
08. Oktober 2020
Der höhere CO2-Preis in den Sektoren Wärme und Verkehr hat den Bundestag passiert. Dieser startet nun Anfang 2021 bei 25 anstatt bei 10 Euro. Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen stimmten einer entsprechenden Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) am 8. Oktober zu. Dagegen waren AfD, FDP und Linksfraktion.
Am 9. Oktober befasst sich noch der Bundesrat mit der Novelle des BEHG und wird ihr dann voraussichtlich auch zustimmen. Sorge bereitet vor allem die Frage, ob Unternehmen aus Deutschland aufgrund der zusätzlichen Kosten für fossile Energieträger abwandern und CO2-Emissionen in der Folge nicht länger vom EU-Emissionshandelssystem (ETS) erfasst werden könnten (Carbon Leakage).
Dem will die Bundesregierung vorbeugen und hat Maßnahmen mit besonderer Berücksichtigung kleinerer und mittlerer Unternehmen angekündigt, die Carbon Leakage vermeiden sollen. Diese sollen jetzt auch rückwirkend zum 1. Januar 2021 gelten, sieht die angenommene BEHG-Änderung vor. Ursprünglich wollte der Bund erst ein Jahr später, also ab dem Jahr 2022, entsprechende Regelungen treffen. Auch angenommen hat der Bundestag eine Entschließung, nach der die Regierung unter anderem eine Carbon-Leakage-Verordnung noch dieses Jahr beschließen und dem Bundestag zuleiten soll. Eckpunkte hatte die Große Koalition bereits vorgelegt.
Erweiterte Entlastungen möglich
Bei den für eine Entlastung in Frage kommenden Branchen orientiert sie sich an der Sektorenliste aus dem europäischen Emissionshandel. Diese werde eins-zu-eins übernommen, sagte Elisabeth Winkelmeier-Becker, parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretärin, in der Aussprache im Bundestag. Sie stellte aber in Aussicht, dass die Liste noch erweitert werden könne. "Details dazu müssen noch ausgearbeitet werden", so Winkelmeier-Becker. Der Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup vom Koalitionspartner SPD sagte, "das produzierende Gewerbe und die Industrie müssen sich umstellen. Aber wir müssen den Unternehmen auch die Zeit geben, sich umzustellen." Alles andere sei kein wirksamer Klimaschutz, weil dann CO2-Emissionen ins Ausland verlagert würden, so Mindrup weiter.
Kritik kam etwa von der FDP-Fraktion. Ihr klimapolitischer Sprecher, Lukas Köhler, sagte, das BEHG werde das Klima nicht schützen, sondern nur Menschen und Unternehmen finanziell belasten. Statt eine CO2-Bepreisung einzuführen, solle der ETS ausgeweitet werden, "um wirklich Klimaschutz zu betreiben", erneuerte Köhler einen früheren Vorschlag der Liberalen. Einen entsprechenden Entschließungsantrag, der die Abschaffung des BEHG und die Ausweitung des ETS vorsieht, hat der Bundestag am 8. Oktober abgelehnt.
Verordnung gegen Doppelbelastung kommt
Darüber hinaus hat der Bundestag weitere Forderungen an die Bundesregierung beschlossen. So solle diese etwa für eine "möglichst bürokratiearme Ausgestaltung" des Schutzes vor Carbon Leakage mit einem "einfachen Antragsverfahren und einer einfachen Gewährung von Kompensationen" sorgen. Auch solle sie prüfen, ob zusätzliche Kredite für produzierende Unternehmen über die staatliche KfW-Bank bereitgestellt werden könnten, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Davor gewarnt hatte zum Beispiel die Energieberatung Enplify, die bei 900 Anlagen, die bereits im ETS erfasst sind, eine künftige Doppelbelastung ausgemacht hatte. Die Entschließung sieht vor, eine solche bereits im Voraus zu vermeiden. Auch dazu solle der Bund eine entsprechende Verordnung erarbeiten.
Energiewirtschaft mit gemischten Reaktionen
Die Energiewirtschaft in Gestalt der Branchenverbände VKU und BDEW reagierte teils zustimmend, teils kritisch. Aus Sicht des VKU sei besonders positiv zu bewerten, dass Brennstoffemissionen aus Klärschlämmen mit dem Emissionsfaktor null belegt werden sollen. Auf die Weise würden die Kosten und damit die Gebühren für die kommunale Abwasserwirtschaft in Bezug auf die Umsetzung der CO2-Bepreisung begrenzt. Zugleich machte der Verband klar, an den offenen Punkten "beharrlich und konstruktiv mit der Daseinsvorsorge-Perspektive dran bleiben" zu wollen. Dazu gehöre insbesondere die aufgeschobene Frage der Ausnahme von Siedlungsabfällen, um steigende Abfallgebühren zu verhindern.
Der BDEW zeigte sich insbesondere erfreut über eine beschlossene Fristverlängerung für den Zertifikatezukauf zum Vorjahrespreis. Ursprünglich lag diese auf dem 28. Februar des Folgejahres, jetzt ist dafür der 30. September vorgesehen. Aus Sicht des BDEW richtig, denn bis Februar "wären viele Brennstoffverbrauchswerte schlichtweg noch nicht bekannt gewesen." Der Verband betont aber, dass der nationale Emissionshandel noch nicht startklar sei und mahnt bei der Umsetzung der ausstehenden Umsetzungsverordnungen zur Eile. "Die Unternehmen, die das Gesetz zum Start im Januar 2021 umsetzen müssen, brauchen schnellstmöglich Klarheit." Konkret gehe es um die Berichterstattungsverordnung 2020 (BeV 2020) und die Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV).
Benzin verteuert sich um sieben Cent, Diesel um acht
Nötig gemacht hatte die Gesetzesänderung insbesondere die Anhebung des CO2-Preises. Start der Bepreisung ist am 1. Januar 2021 mit nun 25 Euro/Tonne Kohlendioxid. Das entspricht laut Bundesregierung umgerechnet beispielsweise einer Erhöhung von sieben Cent pro Liter Benzin und acht Cent pro Liter Diesel. Bis 2025 soll der Preis auf 55 Euro/Tonne CO2 steigen und sich danach marktwirtschaftlich bilden. Es wird jedoch ein Preiskorridor gelten - im Jahr 2026 liegt dieser zwischen 55 und 65 Euro pro Emissionszertifikat. Ein Zertifikat berechtigt dazu, eine Tonne CO2 zu emittieren. Die Erlöse aus dem Emissionshandel sollen vollständig zur Senkung der EEG-Umlage verwendet werden und ab dem 1. Januar 2024 auch zur Anhebung der zusätzlichen Entfernungspauschale für Fernpendler.
Quelle: energate